Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2002/4: Obergericht
Die Beschwerdeführerin reichte mehrere Strafanzeigen gegen Mitarbeiter der Bank, Vertreter der G. AG und Staatsanwälte ein, die angeblich in betrügerische Aktivitäten verwickelt waren. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich-Sihl lehnte die Einleitung einer Strafuntersuchung ab, da die vorgebrachten Vorwürfe nicht ausreichend begründet waren. Die Beschwerdeführerin beantragte erfolglos die unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde ab und legte die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin auf. Die Beschwerdeführerin kann gegen diesen Entscheid Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht einreichen. (m)
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2002/4 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 01.11.2002 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 23 SHG; § 5 SHV; Art. 48 Abs. 2 VRG. Sozialhilfe; Anrechnung von Unterstützungsleistungen des Lebenspartners; Mitwirkungspflicht der hilfesuchenden Person; Prozessentschädigung |
Schlagwörter : | Sozialhilfe; Person; Leistungen; Arbeit; Verhältnis; Einkommen; Verhältnisse; Kinder; Sozialhilfebehörde; Haushalt; Vermutung; Gemeinde; Unterstützung; Obergericht; Konkubinat; Konkubinatspartners; Lebenspartner; Richtlinien; Mitwirkungspflicht; Prozessentschädigung; Entscheid; Leistungsfähigkeit; Departement; Innern; Personen; Auskünfte |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Lebt die hilfesuchende Person mit einem Partner in einer gefestigten Beziehung mit gemeinsamen Kindern zusammen, sind bei der Bemessung der Soziahilfeleistungen Einkommen und Vermögen des nicht unterstützten Konkubinatspartners angemessen mitzuberücksichtigen (E. 2b).
Die hilfesuchende Person hat bei der Abklärung der finanziellen Verhältnisse des Konkubinatspartners mitzuwirken. Kommt sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach, so ist aufgrund der Akten zu prüfen, ob und inwieweit die Leistungsfähigkeit des Konkubinatspartners im Sinn einer tatsächlichen Vermutung eruiert werden kann; es obliegt diesfalls der hilfesuchenden Person, die aktenkundige Vermutung zu widerlegen (E. 2c).
Hinweise auf die grundsätzliche Leistungsfähigkeit des Konkubinatspartners im vorliegenden Fall (E. 2d).
In sozialhilferechtlichen Angelegenheiten ist der obsiegenden Behörde grundsätzlich auch dann keine Prozessentschädigung zuzusprechen, wenn sie wegen der Komplexität des Falls einen Anwalt beiziehen musste (E. 4).
H., die mit ihrem Lebenspartner B. und zwei gemeinsamen Kindern zusammenlebt, beantragte bei der Sozialhilfebehörde der Gemeinde X. die Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen. Der Gemeinderat als Sozialhilfebehörde wies den Antrag jedoch ab. Auf Rekurs von H. wies das kantonale Departement des Innern die Sozialhilfebehörde an, neu über die Unterstützung zu entscheiden. Eine hiegegen gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Gemeinderats X. hiess das Obergericht am 2. März 2001 teilweise gut; es wies den Gemeinderat an, zusätzliche Abklärungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse von B. und dessen mögliche und effektiv erbrachte Leistungen an den gemeinsamen Haushalt sowie an den Unterhalt der gemeinsamen Kinder zu tätigen. Die Sozialhilfebehörde sprach H. in der Folge gewisse Sozialhilfeleistungen zu. Einen Rekurs von H., mit welchem diese höhere Leistungen beantragte, wies das Departement des Innern ab. Eine hiegegen gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde von H. wies das Obergericht in der Sache selbst ebenfalls ab.
Aus den Erwägungen:
2.a) Im vorliegenden Verfahren ist in materieller Hinsicht lediglich umstritten, in welcher Höhe bei der Ermittlung des der Beschwerdeführerin zustehenden Sozialhilfebeitrags Leistungen ihres Lebenspartners B. anzurechnen seien. Unbestritten ist dagegen der für die Beschwerdeführerin errechnete massgebende Unterstützungsbedarf ...
In grundsätzlicher Hinsicht ist zunächst in Erinnerung zu rufen, was das Obergericht bereits im Entscheid vom 2. März 2001 festgehalten hat: Nicht verheiratete, lediglich in einer familienähnlichen Wohnund Wirtschaftsgemeinschaft zusammenlebende Personen können grundsätzlich nicht als Unterstützungseinheit erfasst werden, da sie rechtlich nicht zur gegenseitigen Hilfe verpflichtet sind und daher Einkommen und Vermögen der betreffenden Personen nicht zusammengerechnet werden können (vgl. sinngemäss bzw. als Umkehrschluss § 5 der Sozialhilfeverordnung vom 30. Juni 1998 [SHV, SHR 850.111] und ausdrücklich die gestützt auf Art. 22 Abs. 3 des Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe vom 21. November 1994 [Sozialhilfegesetz, SHG, SHR 850.100] vom Departement des Innern erlassenen und insoweit gegenüber dem Vorjahr nicht veränderten Richtlinien für die Bemessung der materiellen Hilfe für das Jahr 2001 [nachfolgend Richtlinien genannt], Ziff. D 4.1, S. 13). Für Leistungen, welche die hilfesuchende Person anderen im gleichen Haushalt lebenden erwachsenen Personen erbringt, ist jedoch ein angemessenes Entgelt anzurechen (§ 5 Abs. 2 SHV). So ist für die Haushaltführung in einem Haushalt mit zwei Personen der haushaltführenden Person gemäss Ziff. D 4.2 der erwähnten Richtlinien (S. 14) eine Entschädigung von Fr. 550.bis 900.als Einkommen anzurechnen (ohne Kinderbetreuung). Besteht ein Konkubinat seit mehr als fünf Jahren leben die Partner wie im vorliegenden Fall in einer gefestigten Beziehung mit einem gemeinsamen Kind zusammen und wird nur eine Person unterstützt, so darf normalerweise davon ausgegangen werden, dass diese auch von ihrem Partner Leistungen erhält. Soweit eine solche Vermutung nicht widerlegt werden kann, dürfen Einkommen und Vermögen des nicht unterstützten Konkubinatspartners angemessen mitberücksichtigt werden (Ziff. D 4.1 der Richtlinien, S. 13 unten).
Somit ist aufgrund der erwähnten Vorschriften und Richtlinien zunächst zu prüfen, welche Leistungen von B. an die Haushaltführung und den Unterhalt der Kinder als zumutbar und angemessen erscheinen. Grundsätzlich ist sodann davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin Leistungen in entsprechender Höhe erhält bzw. von ihrem Lebenspartner verlangen muss, da es
nicht angehen kann, auf einen angemessenen Beitrag zu verzichten und statt dessen Leistungen der Sozialhilfe zu beanspruchen. Lediglich soweit dem Lebenspartner die Erbringung entsprechender Leistungen aus objektiven Gründen nicht möglich ist, können sie bei der Bemessung des Sozialhilfeanspruchs auch nicht berücksichtigt werden.
...
Gemäss Entscheid des Obergerichts vom 2. März 2001 waren die finanziellen Verhältnisse von B. näher abzuklären. Die Beschwerdeführerin als zu unterstützende Person hatte dabei grundsätzlich mitzuwirken und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen (Art. 23 Abs. 1 SHG; vgl. zur Mitwirkungspflicht im einzelnen Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, Bern/Stuttgart/Wien 1993, S. 105 ff.).
Demgemäss versuchte die Sozialbehörde X., von der Beschwerdeführerin die massgeblichen Auskünfte und Unterlagen zu erhalten - unter anderem zur Höhe der Unterstützung durch B. - und die Verhältnisse in einer Besprechung abzuklären, an welcher auch B. anwesend war. Entsprechende Auskünfte verlangte die Sozialhilfebehörde in der Folge im Anschluss an ein eigenes Sozialhilfegesuch direkt auch von B. selber. Da dieser den Aufforderungen nicht nachkam, lehnte die Sozialhilfebehörde sein Gesuch ... ab (Art. 23 Abs. 3 SHG).
Die effektiven wirtschaftlichen Verhältnisse von B. konnten mangels konkreter Auskünfte weder von der Sozialhilfebehörde noch in den anschliessenden Rechtsmittelverfahren eruiert werden. Die Beschwerdeführerin beschränkte sich im wesentlichen auf die Behauptung, B. sei ohne feste Arbeit und ohne Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung; es sei ihr nicht bekannt, dass B. ab Herbst 2000 eine feste Arbeit mehrere aufeinanderfolgende temporäre Arbeitsstellen gehabt hätte. Ihr Vertreter stellte sich sodann auf den Standpunkt, er könne von B. nicht irgendwelche Unterlagen Bestätigungen einholen. Bezüglich dessen Unterstützung erklärte die Beschwerdeführerin lediglich, sie sei der Ansicht, er erbringe den ihm obliegenden angemessenen Beitrag an den gemeinsamen Haushalt; sie substantiierte jedoch diesen Beitrag nicht.
Bereits das Departement des Innern hat schliesslich festgehalten, die Beschwerdeführerin habe im Rekursverfahren die Leistungsfähigkeit von B. (nur) generell und unsubstantiiert bestritten; Versuche, über sie Auskunft über die finanziellen Verhältnisse von B. zu erhalten, seien erfolglos geblieben. Es hat daher aufgrund der Aktenlage entschieden. Dabei ist es im Sinne von Indizien davon ausgegangen, dass B. über gewisse Einnahmequellen verfügen
müsse, welche es ihm erlaubten, einen namhaften Unterhalts-, Mietund Haushaltführungsbeitrag ... zu leisten.
Die Beschwerdeführerin ist in der Tat ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Sie hätte sich zumal mit Blick auf das bestehende eheähnliche Verhältnis mit gemeinsamen Kindern - nicht mit vagen, nicht substantiierten Angaben begnügen und auf den Standpunkt stellen dürfen, sie könne von B. keine Auskunft verlangen. Im übrigen ist davon auszugehen, dass sie grundsätzlich weiss, was dieser tut und wie er sein Leben verbringt. Sie hätte daher die vorhandenen Einnahmequellen angeben und zumindest schildern müssen, welchen Tätigkeiten B. konkret nachgeht, auch wenn es sich dabei nicht um eine feste Arbeit in unselbständiger Stellung handeln mag. Eine solche Darstellung hätte allenfalls gewisse Rückschlüsse auf die wirtschaftlichen Verhältnisse von B. zugelassen. Angesichts der beharrlichen Weigerung der Beschwerdeführerin, irgendwelche konkreten Angaben und Unterlagen über B. zu liefern, bleibt aber letztlich effektiv nichts anderes übrig, als den Entscheid aufgrund der vorhandenen Akten zu treffen (vgl. Wolffers, S. 107 f., bei Anm. 70) und dabei zu prüfen, ob und inwieweit die Leistungsfähigkeit von B. wenigstens im Sinn einer tatsächlichen Vermutung eruiert werden kann. Es obläge unter den gegebenen Umständen der Beschwerdeführerin, eine solche aktenkundige Vermutung zu widerlegen.
Die Beschwerdeführerin hat ... behauptet, B. könne ihr insgesamt nicht mehr als Fr. 1'000.pro Monat bezahlen. Damit gibt sie aber zu erkennen, dass er jedenfalls ein gewisses Einkommen hat (wenn auch allenfalls aus unregelmässiger Erwerbstätigkeit). Wäre dem nicht so, könnte er der Beschwerdeführerin diesen Betrag nicht bezahlen, und dann müsste sich diese auch auf diesen Standpunkt stellen, darf doch im Sozialhilferecht grundsätzlich kein hypothetisches Einkommen bzw. keine nicht durchsetzbare Forderung gegenüber Dritten berücksichtigt werden (Wolffers, S. 153; ...).
Wenn die Beschwerdeführerin sodann geltend macht, sie müsste die Kinder bei einer Tagesmutter unterbringen, wenn sie selber eine Arbeitsstelle annehmen würde, so zeigt dies, dass B. als Vater die Betreuung der Kinder offenbar nicht übernehmen kann, d.h. im wesentlichen tagsüber anderweitig beschäftigt ist.
Dafür, dass B. bei seiner Beschäftigung ein massgebliches Einkommen erzielt, spricht insbesondere auch der Umstand, dass er sich im August 2000 - noch vor Ablauf der Rahmenfrist beim Arbeitsamt abgemeldet hat. Er hat sich in der Folge obwohl er geltend machte, er habe keine Arbeitsstelle - nicht wieder beim Gemeindearbeitsamt als arbeitslos gemeldet. Es liegt daher nahe, dass er wegen anderweitiger Einnahmequellen weiterhin nicht auf die
Leistungen der Arbeitslosenversicherung angewiesen war und ist (vgl. auch den Kontoauszug der Arbeitslosenversicherung, wo für September 2000 vermerkt wird: Stelle gefunden).
...
Angesichts der Verweigerungshaltung der Beteiligten erscheint es unter den gegebenen Umständen als gerechtfertigt, vermutungsweise auch heute noch zumindest von einem vergleichbaren Einkommen von B. auszugehen, wie er es schon früher erzielt hat. Die unsubstantiierten Angaben der Beschwerdeführerin vermögen diese Vermutung nicht zu widerlegen. Bei einem Einkommen in dieser Grössenordnung ist es aber B. auch wenn dabei durchaus von beschränkten finanziellen Verhältnissen gesprochen werden kann im Grundsatz möglich und zumutbar, der Beschwerdeführerin die ihm von den Vorinstanzen angerechneten Beiträge zu bezahlen.
...
4.- ...
Obsiegenden Behörden wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen (Art. 48 Abs. 2 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 [VRG, SHR 172.200]). Von diesem Grundsatz kann nur in besonderen Fällen abgewichen werden. So kann etwa nach der Praxis des Obergerichts einer kleinen Gemeinde, die über keinen ständigen rechtskundigen Mitarbeiter verfügt und daher wegen der Schwierigkeit eines Falles die Hilfe eines aussenstehenden Rechtsvertreters beanspruchen muss, ausnahmsweise eine Prozessentschädigung zugesprochen werden (Arnold Marti, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Schaffhausen, Diss. Zürich 1986, S. 275, mit Hinweisen). Diese Konstellation ist zwar wohl auch hier gegeben. Sie ist jedoch lediglich ein Beispiel einer möglichen Ausnahme; der daraus fliessende Entschädigungsanspruch darf jedenfalls nicht unbesehen verallgemeinert werden. In Sozialhilfefällen, in denen der Behörde bzw. dem Gemeinwesen regelmässig eine private Partei in knappen finanziellen Verhältnissen gegenübersteht, deren Bedürftigkeit ja gerade Prozessgegenstand ist, ist der Schutzgedanke von Art. 48 Abs. 2 VRG aus sozialen Gründen verstärkt zu beachten; ein Ausnahmefall ist nur mit besonderer Zurückhaltung anzunehmen. Es rechtfertigt sich daher in diesen Fällen in aller Regel nicht, vom allgemeinen Grundsatz abzuweichen, auch wenn das Gemeinwesen wegen der Komplexität des Falls einen Anwalt beigezogen hat. Der materiell obsiegenden Einwohnergemeinde X. ist somit keine Prozessentschädigung zuzusprechen.
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